Das es hier einige "Die-Hard-Fans" gibt, die dieses Spiel in Schutz nehmen und auch alles verzeihen, ist einfach nur üblich. Die würden das Spiel hypen, glorifizieren und "schön dass sie es ordentlich entwickeln" Masche auch noch skandieren, wenn es auf 2023 verschoben würde. Prinzipiell stimme ich dem auch zu. Ehrlich. Aber ich verstehe nicht, wirklich nicht wie man sich mehrere Jahre mit seiner Arbeit so verschätzen kann Da gibt es für mich kein Verständnis mehr. Wenn ich meinem Chef erzählen würde ich mach etwas und krieg den Scheiß erst Jahre später auf die Kette wäre ich schlichtweg vorher schon zig Mal meinen Job los. Ganz zu schweigen von dem Desaster, wenn ich in der Dienstleistungsbranche wäre oder gar persönlich einen Kunden bedienen müsste. Die Reputation wäre dahin. Die Firma könnte dicht machen.
Schwieriges Thema. Klar könnten wir uns alle aufregen, wütende Mails an Amazon schreiben, die Bestellung stornieren, etc. Aber was würde das bringen? Macht die Entwicklung zum einen nicht schneller und wenn man es storniert... ich meine, wenn wir Alternativen hätten, würden wir uns ja nicht aufreen, oder? Also wartet man eben. Und es kommt dem Spiel ja wirklich zu Gute, man sieht und liest ja, was sich verändert. (Und solange keine Mounts oder mehr noch mehr Ports reinkommen ist ja alles gut :P)
Davon ab ist dein Vergleich etwas schwierig. Wenn man eine Dienstleistung anbietet oder versprochene tägliche Arbeit nicht oder erst viel zu spät erfüllt, dann sollte der Betreffende oder die Firma definitiv Probleme bekommen. Du vergleichst da aber unterschiedliche Dinge. Die Dienstleistung von Amazon/New World ist erst nach Release: nämlich die Server 24/7 am Laufen halten. Wenn da Downtimes sind oder Bugs, die das Spielen fast unmöglich machen, dann ist es vergleichbar mit nicht erfüllten Dienstleistungen oder schlampiger Arbeit in täglichen Abläufen.
Die komplette Erstellung/Entwicklung/Programmierung eines so komplexen Spiels ist aber etwas ganz anderes. Vor allem, wenn es das erste seiner Art in einem neuen Studio ist. Kreativarbeit eignet sich selten gut als Terminarbeit. Da gilt immer noch "itś done when itś done". Klar kann man Absichtserklärungen raushauen, wann es fertig sein sollte. Und nichts anderes waren die "ersten Erscheinungstermine". Bei den ersten beiden gab es ja noch nicht einmal ein konkretes Datum damals. Erst der letzte oder von mir aus die letzten beiden waren konkret angegeben und auch beworben.
Klar, es ist cooler, wenn so etwas eingehalten wird. Aber so eine Entwicklung eines Open World MMOs kann man nicht mit dem Erscheinungsdatum eines Magazins, einer neuen Fleischwurstsorte, eines Kinofilms oder sogar eines Singleplayer-Games vergleichen. Da spielen einfach zu viele Variablen rein und dann noch gemixt aus Technik und kreativen Ideen. Und dann eben noch als erstes MMO eines neuen Studios. Wenn du heute beschließt, eine neue Automarke zu etablieren und vom Reißbrett aus planst, wird sich der erwünschte Präsentationstermin auch zigmal verschieben, weil es immer wieder Probleme gibt, die du vorher vielleicht gar nicht im Kopf hattest.
Das soll alles keine Verteidigung von Amazon sein. Immerhin sind ja nicht die Entwickler und Programmierer für die Terminsetzung verantwortlich, sondern PR- und Sales-Leute. Die werden denen immer Druck machen und vllt auch unrealistische Termine in den Raum werfen. Abgesehen davon könnte man mit einem aufgestockten Budget durch Umschichtungen in der Unternehmensfamilie eventuell mehr Zeit rausholen, aber die Leute, die wirklich am Spiel arbeiten, werden sicher zur Zeit Überstunden wie blöde schieben. Die nehmen das nicht auf die leichte Schulter und machen eden Tag mal eben drei Stunden Mittag in der Sonne.
tl;dr: Kreative Arbeit braucht eben solange wie sie braucht, wenn es vernünftig werden soll. Es ist ja kein bloßes Handwerk auf existierender Vorlage. Viele Probleme sind eventuell neu, überraschend und schwer zu beheben. Und meckern ändert auch nichts. Daher: 5 Minuten Grummeln und dann Alternativen zur Überbrückung suchen